Demgegenüber ist davon auszugehen, dass eine große Mehrheit von Lehrkräften (nur oder primär) die Mehrheitssprache Deutsch spricht – genaue Zahlen sind im Unterschied zu den Schüler*innen nicht verfügbar. Es gibt nicht wenige Schulen, an denen (fast) alle Schüler*innen neben der Mehrheits- auch Minderheitensprachen sprechen und trotzdem noch immer wenige Lehrkräfte eine Minderheitensprache beherrschen. Wenn fast alle Schüler*innen zwar in verschiedenster Weise mehrsprachig sind, für die Lehrkräfte aber immer noch »Wenigersprachigkeit« (Tajmel, 2019) als Qualifikation genügt, klaffen die sprachlichen Erfahrungswelten beider Gruppen so weit auseinander, dass die Rede von der »Parallelgesellschaft im Lehrerzimmer« (Terkessidis, 2016) durchaus naheliegt. Ein Anhaltspunkt ist eine Zahl, die im Rahmen des Forschungsprojekts »Sprachliche Bildung im Kontext von Migration und Mehrsprachigkeit in der Aus- und Weiterbildung« (Boeckmann et al., 2024) an der PH Steiermark erhoben wurde: Hier haben von 143 Lehramtsstudierenden der Primarstufe im Studienjahr 2019/20 weniger als sieben Prozent angegeben, dass sie auch eine andere Sprache sprechen oder mehrsprachig sind. Im zu entwickelnden Hauptprojekt soll zumindest für die Steiermark ein repräsentatives Bild der Mehrsprachigkeit von Lehrpersonen der Primarstufen im aktiven Schuldienst erhoben werden. Die zweite große Forschungsfrage soll sich den Einstellungen und subjektiven Theorien von Lehrpersonen zu Mehrsprachigkeit widmen, da in der Forschung zunehmend deutlich wird, wie bedeutsam diese für das tatsächliche Handeln der Lehrenden sind.
Das Projekt „Digi-Held*innen“ beschäftigt sich daher mit der Entwicklung eines interaktiven Lehr- und Arbeitsbuchs gemeinsam mit Schüler*innen und Pädagog*innen von Volksschulen.
In Workshops und Fokusgruppen werden Inhalte/Übungen zu geschlechtsspezifischen Problemstellungen im digitalen Raum erarbeitet, aus denen ein kindgerechtes, praxistaugliches Arbeitsbuch für den nachhaltigen Einsatz im Unterricht entstehen soll, die Hauptzielgruppe stellen Mädchen im Alter von acht Jahren dar. Das fertiggestellte Buch inklusive Begleitmaterialen steht nach Projektende allen Schüler*innen und Pädagog*innen der Primarstufe österreichweit zur Verfügung. Für Pädagog*innen werden nach Projektende (ab Schuljahr 2025/26) entsprechende Fortbildungen angeboten.
Die geplanten Projektmaßnahmen sind:
– Entwicklung eines interaktiven Lehr- und Arbeitsbuchs zum Umgang mit digitalen Medien mit geschlechtsspezifischen Problemstellungen für die Volksschule
– Entwicklung von begleitenden Unterlagen für Lehrpersonen
– Entwicklung von begleitenden Unterlagen für Eltern und Bezugspersonen
– Begleitwebsite als digitale Lernplattform
Durch das interaktive Lehr- und Arbeitsbuch „Digi-Held*innen“ sollen einerseits die an den Workshops und Fokusgruppen beteiligten Schüler*innen und Pädagog*innen im Umgang mit digitalen Medien und deren Vermittlung in einem geschlechtsspezifischen Kontext gestärkt werden. Andererseits wird „Digi-Held*innen“ langfristig österreichweit eine Lücke schließen, indem Pädagog*innen an Volksschulen das nötige Handwerkszeug für eine nachhaltige, kompetenzorientierte und geschlechtersensible digitale Medienbildung bekommen.
(EP)
Literatur:
Weber, S. M. (2008). Vernetzung. In A. Dzierzbicka (Hrsg.), Pädagogisches Glossar der Gegenwart: Von Autonomie bis Wissensmanagement (2., erw. Aufl., S. 191–198). Löcker.
Kaufmann, S. (2006). Netzwerk. In U. Bröckling (Hrsg.), Glossar der Gegenwart (S. 182-189). Suhrkamp.
Reinalter, H. & Ernst, W. W. (1993). Vernetztes Denken – gemeinsames Handeln. Interdisziplinarität in Theorie und Praxis. Wien: Kulturverlag.
Schütz, A. & Luckmann, T. (2003). Strukturen der Lebenswelt. UKV (UTB).
Staub, F. C.: Fachspezifisch-Pädagogisches Coaching: Ein Beispiel zur Entwicklung von Lehrerfortbildung und Unterrichtskompetenz als Kooperation von Wissenschaft und Praxis. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, Beiheft 3 (7), 2004.