Projektdetails
Hochschule
Pädagogische Hochschule Steiermark
Projektleitung gesamt
Graß, Karl-Heinz; Mag. Dr. Prof.
Projektleitung intern
Graß, Karl-Heinz; HS-Prof. Mag. Dr.
Interne Projektmitarbeiter/innen
Gruber, Christoph; MA Mag. Dr. Dr. Prof.
Krammer, Georg Christoph; Mag. Prof.
Ranz, Josef; HS-Prof. Mag. Dipl.-Ing.
Externe Projektmitarbeiter/innen
Paechter, Manuela; Univ.-Prof. Dr.
Schütky, Robert; Prof.Dr.
Thaller, Bernd; Univ. Prof. Dr.
Vogel, Stephan; Ass.Prof.Mag.PhD
Kooperationspartner
Karl-Franzens-Universität Graz
KPH Graz
Beschreibung
Die Fragestellung nach Geschlechtsdisparitäten in MINT- Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) beschäftigt nicht nur die jeweiligen Fachdidaktiken schon seit Jahrzehnten. Insbesondere Geschlechtsunterschiede in Mathematik haben große Relevanz für Forschung, pädagogische Praxis und politische Entscheidungen. So ist auch der Ausgleich jeglicher Geschlechtsunterschiede in diesem Bereich ein erklärtes Ziel der Mathematikdidaktik (Budde, 2009; Heinze at al. 2007; Leder und Forgasz, 2008; Martignon et al. 2006).
Trotz umfangreicher Analysen herrscht nach wie vor Unklarheit darüber, zu welchem Zeitpunkt geschlechtsspezifische Leistungsunterschiede in spezifischen mathematischen Fähigkeiten auftreten und welche Ursachen hierfür verantwortlich sind (Niklas und Schneider, 2012). Ziel dieser Studie ist es, den Beginn solcher Leistungsunterschiede auszumachen und deren Entwicklung zu verfolgen. Der Vorteil liegt im längsschnittlichen Design der Untersuchung (Schuleingangsphase bis zum Ende der Grundschulzeit), dadurch ist es möglich eventuell auftretende Geschlechtsunterschiede sowie die möglichen Einflussparameter detailliert zu verfolgen. Detailliert meint in diesem Zusammenhang, dass nicht bloß die Mathematikleistung erhoben wird, sondern bereits in der Schuleingangsphase alle Vorläuferfertigkeiten (Mengenwissen, Eins-zu-Eins-Zuordnung, Seriation, Zahlenwissen, Raumlage) gemessen werden und auch zu den späteren Messzeitpunkten stets in Arithmetik und Raumvorstellung unterschieden wird. Zudem werden Kontrollvariablen wie das Selbstkonzept der Kinder, der sozioökonomische Hintergrund (Migrationshintergrund, Bildungsnähe der Eltern, HLE = Home Literacy Environment), die allgemeine Intelligenz, die Kindergartenbesuchsdauer sowie der Faktor „Lehrer“ (Lieblingsfach der/des Lehrerin/Lehrers, Fachkompetenz der Lehrkraft in Mathematik und Lehrereinschätzung der Mathematikleistung der einzelnen SchülerInnen) erhoben. Damit soll die mathematische Kompetenzentwicklung, der Einfluss des Selbstkonzepts und Moderationen durch das Geschlecht sowie mögliche Zusammenhänge und Interaktionen zwischen und mit den einzelnen mathematischen Fähigkeiten und den Kontrollvariablen identifiziert werden.
Aufgrund der Tatsache, dass auch die allgemeine Intelligenz erhoben wird, ist es möglich die etwaigen Geschlechtsunterschiede nach dem „Nested-Faktormodell“ zu messen. Die zentrale Annahme dieses Modells besteht im Vergleich zum Standardmodell darin, dass die Leistung bei Mathematikaufgaben (in unserem Fall bei arithmetischen Aufgaben) sowohl von einer rein mathematikspezifischen („intelligenzfreien“) Kompetenz als auch von einer generellen kognitiven Fähigkeit (nämlich der Intelligenz) beeinflusst wird (Brunner, Krauss und Martignon, 2011). Im Gegensatz zur Standardmodellierung kann bei diesem Modell geringe mathematische Kompetenz gegebenenfalls durch höhere Intelligenz ausgeglichen werden. Brunner, Krauss und Martignon (2011) zeigen auf Datengrundlage der deutschen Erweiterung der PISA-2000 Studie, an der ca. 29.000 Jugendli-che der 9. Klassenstufe teilnahmen, dass die Geschlechtsunterschiede in Mathematik – ermittelt durch das Nested-Faktormodell – deutlich größer zu Gunsten der Jungen ausfallen als durch die Standardmodellierung. Auch Rosén (1995) fand mit Hilfe dieses Messmodells einen sehr großen Leistungsvorsprung der Jungen in der mathematikspezifischen Fähigkeit. Betrachtet man also die reine mathematikspezifische Kompetenz, sind die Geschlechtsunterschiede wesentlich größer als bei der bislang üblichen Modellierung. Da Geschlechtsunterschiede in Intelligenz um Null liegen (vgl. z.B. Halpern und LaMay, 2000), kann angenommen werden: Die in der Mathematik üblicherweise gefundenen Geschlechtsunterschiede sind deshalb so gering, weil zur Lösung von Mathematikaufgaben auch Intelligenz erforderlich ist.